Von Steinen umzingelt. Der Vorlesungssaal als Inspiration für einen Urlaub in Salisbury

2024-03-11 21:54:17

Es begann an einem Dienstag im Vorlesungsaal des Instituts für Urgeschichte und Historische Archäologie an der Universität Wien. Mit dem Kaffee in der einen Hand und einem Stift zum Mitschreiben in der anderen, lauschte ich einem Referat über Megalithstrukturen im Neolithikum. Angefangen bei Göbekli Tepe in der Türkei endete die Präsentation schließlich mit Stonehenge in Salisbury und ich wusste sofort, wo meine nächste Reise hingehen würde, auf die ich euch nun gerne mitnehmen möchte……

Anreise

In Salisbury am Bahnhof angekommen, gibt es gleich außerhalb der Station eine Bushaltestelle der „The Stonehenge Tour“. Man kann sich im Vorhinein auf der Website: https://www.thestonehengetour.info/ über den Zeitplan informieren und beim Busfahrer entweder nur das Busticket oder auch schon eine Eintrittskarte für Stonehenge kaufen. Die Busfahrt dauert ca. 45 Minuten und man bleibt bei mehreren Attraktivitäten der historischen Altstadt von Salisbury sowie deren Umgebung, stehen.

Stonehenge

Stonehenge gehört zu den berühmtesten Monumenten Englands und zählt zu den „World Heritage Sites“. Als Hauptattraktion zieht es jedes Jahr bis zu eine Millionen Besucher an. Obwohl das Monument schon seit dem Mittelalter bekannt ist, stellt es heute noch immer ein Mysterium dar: Wer hat es gebaut? Wann genau und für welchen Zweck? Warum wurden gewisse Steine über eine weite Distanz transportiert und auf genau diese Weise in den Boden gesetzt? Viele dieser Fragen können wir teilweise, aber noch nicht zu 100% beantworten.

Bauphasen

Den Beginn von Stonehenge bilden der äußere Graben und der Damm. Sie markieren die erste Bauphase des Monuments ca. 3150 v. Chr. Mit den nächsten Bauphasen, „The Aubrey Circle“ und „Station Stone Rectangle“, wird die Struktur Stück für Stück nach Innen ausgebaut. Die größte Aufmerksamkeit hat heute der berühmte „Sarsen Circle“, der um 2600 v. Chr. errichtet wurde. Es ist dieser Kreis aus Steinen, den die meisten Menschen mit Stonehenge verbinden. Der Sarsen Circle setzt sich aus einem äußeren Kreis bestehend aus 30 größeren Sarsensteinen und einem inneren Kreis aus sogenannten „Bluestones“ zusammen. Beide Kreise umschlossen wiederum fünf „Trilithons“ (zwei senkrechte Steine, die von einem waagerechten Türsturz überdeckt werden; Abb. 1) und einen Altar.

  Abb. 1: Trilithons         

  Abb. 2: Sarsensteine

Rolling Stones

Die Steine von Stonehenge haben einige Kilometer hinter sich gebracht. Die Sarsen (Abb. 2) stammen aus einem Steinbruch in der Nähe von Avebury. Das entspricht zwar „nur“ einer Entfernung von ca. 27 km, aber in der Bauphase des Sarsen-Circle (um 2600 v. Chr.!) wurden 30 dieser Steine mit einem Gewicht von bis zu 50 Tonnen transportiert. Die Bluestones im Vergleich wiegen nur bis zu fünf Tonnen, kommen aber aus der ca. 200 km entfernten Umgebung von Westwales. Die Steine wurden im Steinbruch in die entsprechende Form geschlagen und anschließend mit Holzkonstruktionen über mehrere Kilometer gezogen bzw. gerollt. Bei Stonehenge gibt es eine Rekonstruktion, die eine Möglichkeit des Transports zeigt (Abb. 3).

  Abb. 3: Transport eines Sarsens

Umgebung von Stonehenge

Mit jeder Runde, die ich um den Steinkreis gemacht habe, stach die Umgebung um Stonehenge immer mehr ins Auge - denn die Landschaft von Stonehenge ist von mehreren Grabhügeln (Abb. 4) geprägt. Diese stammen aus der bronzezeitlichen Wessex-Kultur und weisen entweder Kremation oder Körperbestattung auf. Sie geben den Forschern aufgrund der Grabarchitektur und der Beigaben einen Einblick in die soziale Struktur der Wessex-Kultur. Ein interessanter Aspekt ist die Ausrichtung der Gräber, denn diese richten sich nach dem Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang, was wahrscheinlich eine sakrale Bedeutung gehabt haben dürfte.

  Abb. 4: Grabhügel in der Umgebung von Stonehenge

Archäoastronomie

Die Archäoastronomie beschäftigt sich mit der Bedeutung des Sternenhimmels in der Menschheitsgeschichte, wobei Artefakte, archäologische Stätten und Monumente den Ausgang für die Untersuchungen bilden. Astronomische Übereinstimmungen lassen sich bei vielen Megalithkomplexen beobachten. Bei Stonehenge richtet sich die Achse nach der Wintersonnwende bzw. Sommersonnwende aus (Abb.5). Zu diesen Ereignissen ist es für Besucher möglich, sich unmittelbar zu den Steinen zu stellen und den Sonnenaufgang bzw. Sonnenuntergang zu beobachten.

  Abb. 5: Stonehenge Achse-„Midwinter sunset”

Zurück in die Gegenwart

Zurück ging es wieder mit Bus und Zug – aus der Vergangenheit tauchte ich mit glänzenden Augen wieder in die Gegenwart ein – ich bin wieder in meiner Zeit zurück…die noch offenen Rätsel um Stonehenge warten noch darauf, endlich gelöst zu werden.

Text und Fotos von Jerome Kahl

Quellen:

Darvill , T., Marshall. P., Pearson, M.P., Wainright, G. (2012). Stonehenge remodelled. Antiquity, 86 (334), 1021 – 1040. doi:10.1017/S0003598X00048225.

English Heritage – Stonehenge audio guides, https://www.english-heritage.org.uk/visit/places/stonehenge/plan-your-visit/stonehenge-audio-guides/ (letzter Zugriff: 6.3.24).

Müller H., Michel K. (2021). Griff nach den Sternen. Nebra, Stonehenge, Babylon: Reise ins Universum der Himmelsscheibe.

 

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